Gedanken zu Social Networks: vom Suchen und Finden

Seit ein paar Tagen gehen mir immer mal wieder ein paar Gedanken zu sozialen Netzwerken durch den Kopf. Inzwischen ist ja fast jeder mindestens einem dieser Netzwerke beigetreten und je mehr Leute bei StudiVSchissel, Facebook & Co. registriert sind, desto größer wird auch das Potential, über diese Seiten neue Kontakte zu knüpfen.

Vor nicht allzu langer Zeit gab es eine Studie über soziale Netze, die ziemlich viel Aufsehen erregt hatte, da sie den Betreibern vor Augen geführt hat, dass die Leute solche Seiten völlig anders nutzen, als immer gedacht und propagiert. Anstatt neue Leute kennen zu lernen, verwenden die Nutzer die Plattformen fast ausschließlich, um mit ihren „real-life“ Freunden in Kontakt zu bleiben. Die Frage, die sich meines Erachtens jedoch kaum (oder vielleicht überhaupt garnicht) gestellt wurde, war: Wollen die User nicht oder liegt es vielleicht nur daran, dass es keine vernünftigen Werkzeuge gibt, die ihnen dies ermöglichen würden?

Schauen wir uns doch mal an, welche Möglichkeiten existieren, neue Leute zu finden: Erstmal können auf allen Seiten mehr oder weniger umfangreiche Angaben zu Person, Wohnort oder Interessen gemacht werden. Man kann in Gruppen eintreten oder selbst welche erstellen. Über eine Freundeslisten kann zum Ausdruck gebracht werden, mit welchen Personen man enger verbunden ist.

Anhand all dieser Kriterien können nun Personen gesucht werden. Seien es nun einfache Textsuchen über Freitextfelder mit Interessen und Vorlieben oder Bereichssuchen für Alter oder räumliche Umgebung (Umkreissuche mittels PLZ). Ihre Schwächen offenbaren diese Suchfunktionen jedoch im Bereich von hierarchisch organisierten Informationen. Um welche Informationen es sich dabei handelt, möchte ich kurz erläutern.

Die meisten Informationen zu einer Person sind ein- bis zweidimensional. Augenfarbe, Alter, Geschlecht oder Familienstand stehen (zu einem bestimmten Zeitpunkt) einfach fest. Fähigkeiten in einer Fremdsprache lassen sich noch auf einer Skala von 1 bis 5 bewerten, aber dann hört das auch schon auf. Diese Daten lassen sich nur schlecht in eine hierarchische Ordnung einfügen.

Betrachtet man nun aber Informationen wie Wohnort oder Interessen, dann bietet sich hier eine solche Struktur vom Allgemeinen bis hin ins Spezielle an: Mein Wohnort Rostock liegt in Mecklenburg-Vorpommern, dieses in Deutschland, welches wiederum in Europa liegt usw… Lieblingsbands, -bücher und -filme lassen sich in Genres und weiterhin in ihr jeweiliges Medium einordnen… Mein Interesse für PHP ist ebenfalls ein Interesse für Programmierung, Informaddiger-Kram und Computer im Allgemeinen… Test-Driven-Development oder XP und Scrum lassen sich ebenfalls über Programmiertechniken bzw. Projektmanagement wieder auf Programmierung, Informaddiger-Kram und Computer zurückführen.

Solche Hierarchien bieten den Vorteil, dass man bei ihnen auf jeder Ebene einsteigen und dann je nach Wunsch allgemeiner oder spezieller werden kann. Suche ich nach Personen in meiner Umgebung und finde in Rostock nur 3 Leute, kann ich ohne Probleme eine Ebene höher gehen und alle Personen aus MeckPomm finden. „Umgebung“ ist halt ein etwas schwammiger Begriff.

Interessant wird es nun, wenn wir verschiedene Informationshierarchien kombinieren. Suche ich z.B. jemanden aus Rostock, der mir bei einem PHP-Problem helfen soll, finde ich evtl. niemanden. Nun kann ich entweder die Hierarchie für den Wohnort nach oben gehen, um mir alle PHP-Programmierer in MV anzeigen zu lassen, oder ich überlege, dass die Problemstellung eigentlich garnicht so PHP-spezifisch ist und lasse mir statt dessen alle Programmierer in Rostock anzeigen. Die möglichen Variationen steigen mit jedem Kriterium, das ich in meine Suche mit aufnehme.

Eine weitere Möglichkeit von hierarchisch organisierten Angaben ist die Einstellung der Sichtbarkeit auf verschiedenen Ebenen. Wenn wir wieder beim Beispiel mit der PHP-Programmierung bleiben wollen, dann möchte ich natürlich auch bei den Suchergebnissen für Programmierung im Allgemeinen angezeigt werden. Wenn jemand nun aber nach allen Computer-interessierten Personen sucht, um sich dann bei mir über seine Problemen mit Konficker, MS Office & co. auszuheulen, dann bin ich dort natürlich nicht so von zu begeistern. Deshalb möchte ich einstellen, dass ich erst ab einer bestimmten Spezialisierung der Suchanfrage tatsächlich angezeigt werde. Zwar würde in der Theorie jede Person mit klarem Verstand eine solch allgemeine Suche mit mehreren Tausend Ergebnissen weiter verfeinern, aber die Erfahrung zeigt, dass es immer jemanden gibt, der das Prinzip nicht verstanden hat. 😉

Das Problem bei solchen Hierarchien ist jedoch, dass diese erstmal aufgebaut werden müssen. So müssen bestehende Tag-Sammlungen geordnet und in eine grobe Struktur gebracht werden. Anschließend müssen Werkzeuge zur Verfügung gestellt werden, mit denen die Community selbst Erweiterungen und Änderungen an der Hierarchie vornehmen kann. Ob dies jedoch komplett ohne Moderation möglich ist, muss sich erst herausstellen.

Die bestehenden sozialen Netzwerke haben es geschafft, eine kritische Masse an Nutzern zu erreichen, was ihnen immer mehr zum Durchbruch verhelfen wird. Zahlreiche Features ermöglichen es uns, das Leben unserer Freunde immer genauer zu verfolgen. Bei der großen Menge an Informationen, die die User über sich Preis geben, haben die Betreiber es aber bisher nicht geschafft, diese Informationen auch über eine Art „Personen-Google“ zur Verfügung zu Stellen.

Einen Grund dafür sehe ich darin, dass mit zunehmender Verbreitung immer mehr Nutzer wenig bis keine Fähigkeiten im Umgang mit komplexen User-Interfaces besitzen, es andererseits aber nur eingeschränkt möglich ist, komplizierte Vorgänge einfach abzubilden, ohne dass dabei ein Großteil der Funktionalität auf der Strecke bleibt. Wenn im Laufe der Entwicklung daraus aber nun ein Feature werden soll, dass möglichst viele User auch verwenden „können“ sollen, dann landet man am Ende bei einem Kompromiss, der zwar dann für alle benutzbar, letztendlich aber nutzlos ist.

Aber was solls, irgendwas ist ja immer. 😉

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